Über König Ludwig II. von Bayern
König Ludwig II. von Bayern gilt bis in unsere und sicherlich auch in künftigen Zeiten, als Inbegriff eines wahrhaft königlichen Herrschers. Er war ein Visionär, ein Mäzen, mehrte auf vielfache Weise das Wohlergehen seines Landes und war in diesem Bestreben seiner Zeit weit voraus. "Ich danke es dem lieben Gott, daß Er mir einen Beruf gegeben hat, welcher mir zur Pflicht macht, für das Wohl Anderer Sorge zu tragen", schrieb Ludwig II. in einem Brief an seine ehemalige Erzieherin der Baronin Freifrau von Leonrod, geborene Meilhaus.*1 Im persönlichen Gebetbuch König Ludwigs II. steht unter anderem: "... deine ewige Vorsehung hat mich berufen, über Andere zu herrschen, dein göttlicher Plan, dein heiliger Wille hat mir diese Stellung zugetheilt. Verleihe mir Erkenntnis meiner schweren Pflichten, die Gnade treuer Erfüllung. ...."*2 Diese Pflicht war für Ludwig so wichtig, dass sie einer der zentralen Punkte seiner Eidesleistung auf die bayerische Verfassung - "Meines geliebten Bayernvolkes Wohlfahrt und Deutschlands Größe seien die Zielpunkte meines Strebens. ..." - und der ersten darauffolgenden Thronrede vom 11. März 1864 wurde. In dieser steht unter anderem: "Der liebe Gott wird mir (mit festem Vertrauen blicke ich zu Ihm) sicher seinen Beistand in meinem schweren Berufe nicht versagen; ich bringe ein Herz mit auf den Thron, das in väterlicher Liebe für sein Volk schlägt, für seine Wohlfahrt erglüht; ... Was immer in meinen Kräften steht, will ich tun, um mein Volk zu beglücken; sein Wohl, sein Friede seien allein die Bedingnisse zu meinem eigenen Heil und Frieden!"*3
Ludwig II. wurde am 25. August 1845 in Schloss Nymphenburg vor den Toren Münchens um halb ein Uhr morgens zunächst mit den Namen Otto Friedrich Wilhelm Ludwig geboren. Um dem Großvater König Ludwig I. von Bayern, eine Freude zu bereiten, wurde das Kind dann auf dessen Name "Ludwig" getauft. Nun Ludwig, war der älteste Sohn des Kronprinzen und ab 1849 Königs Maximilian II. und seiner Gemahlin Kronprinzessin Marie von Bayern, vormalige Prinzessin von Preußen. Durch Maximilians plötzlichen und unerwarteten Tod am 10. März 1864, bestieg Ludwig, erschüttert und trauergebeugt von diesem tragischen Ereignis und absolut unvorbereitet, im wahrsten Sinne des Wortes "über Nacht" im Alter von 18 1/2 Jahren den bayerischen Thron. "Die außergewöhnliche Lebensweise wie die leidenschaftlich betriebene Bautätigkeit des schönen ... Monarchen ließen ihn in die Geschichte als "Märchenkönig" eingehen." Ludwig II. war bereits als Kronprinz und spätestens nach seiner ersten miterlebten Lohengrin Aufführung in der Münchner Hofoper vom 2. Februar 1861 von Richard Wagners Werk so begeistert und ergriffen, dass er dann als König, es zu einer seiner ersten Amtshandlungen machte, den Meister ausfindig zu machen und nach München bringen zu lassen. Dies gelang auch, wenn zunächst nur unter größeren Schwierigkeiten. In München endlich angekommen, fand der Dichterkomponist dann in dem jugendschönen König Ludwig einen zunächst schwärmerischen Verehrer und sogleich auch seinen Mäzen bis an sein Lebensende in Venedig. "Beseelt von den Idealen eines absoluten Königtums, enttäuscht ..." von den Menschen und "... den Regierungsgeschäften, zog sich König Ludwig II. mehr und mehr aus ..." der ungeliebt gewordenen Haupt- und Residenzstadt München und "... der profanen Alltagswelt zurück ..."*4 in die "... erhabene Berges-Einsamkeit, ..."*5 wie sich Ludwig gerne selbst auszudrücken pflegte. "Hier ersann er seine künstlichen Paradiese, die er mit seinen Idealen bevölkerte. Hier wurde er zum Bauherrn und eigentlichen Schöpfer seiner Traumschlösser Neuschwanstein, Linderhof, Herrenchiemsee ..." und dem Königshaus auf dem Schachen. "Unermüdlich erfand Ludwig II. neue Schauplätze. Rastlos, bis zu seinem tragischen ..." und bis heute offiziell noch nicht geklärten "... Tod am 13. Juni 1886 ..., suchte er die vollkommene Illusion. Die Schlossbauten des Königs, Meisterwerke künstlerisch inszenierter Vergangenheit, begeistern ..."*6 und bewegen die Menschen weltweit - lange über sein irdisches Dasein hinaus - bis heute. Die Haupt- und somit Höhepunkte aus all diesen, seiner genialen und sehnsuchtsvollen Schöpfungen werden hier, in unserer Edition, ausführlich, eindrucksstark und wie oben bereits erwähnt, vorgestellt und Ihnen somit nähergebracht.
Ludwig II. schrieb an Richard Wagner: "Mir ist, als hätte ich diese willkommene Macht, diesen Glanz der Königswürde, diese Glorie der Majestät von Gott zum Leben erhalten ...."*7
"So wahr ich Heute die Stufen des Königs-Thrones emporschritt, umgeben vom Glanze, umleuchtet von den ewigen Strahlen der Majestät, das sichtbare Abbild Gottes auf Erden, das nicht fehlen, nicht sündigen kann, ... eingedenk des Eidschwures vom 20. Sept. 1867 und der Heiligen Lehren Parcivals! - Wie Du mich schirmst in meiner Noth, / So halt´ in Treu ich Dein Gebot."*8 Ludwig II. in sein Tagebuch im Januar 1868.
König von Gottes Gnaden - Gralskönig - Traumkönig - Alpenkönig - Schöngeist - Geist der Reinheit, Tugendhaftigkeit und Herzensgüte
Gottfried von Böhm zitiert in seiner Biografie über den jugendschönen und gerade erst einmal 18 oder 19 Jahre alten König aus dem 4. Buch aus Felix Dahn´s "Erinnerungen" beispielsweise folgendes: "... einen schöneren jungen Fürsten konnte man nicht ersinnen: ein Märchenprinz, ein Lohengrin."*9
Luise von Kobell berichtet über Ludwig II.: "... Entschloß er sich aber dennoch zu einem offiziellen Auftreten, ... so bezauberte er stets durch seinen Geist und seine Schönheit."*10
Theodor Hierneis, Hofkoch bei Ludwig II. erinnerte sich noch Jahrzehnte später an folgendes Bild das er über den König zu dessen Lebzeiten gewonnen hatte und welches gerade in der einfachen (Land-)Bevölkerung weit verbreitet war: "Die vielgerühmte Schönheit der Gestalt, ... der erhabene Blick, sein Wesen, schön in der Begeisterung, gemessen in Ernst und Melancholie - seine unnahbare Hoheit, mit einem Wort - all das gehörte zu jenem Bilde vom Herrscher Bayerns, einem Monarchenbild, wie es vollendeter nicht zu träumen war, das Märchenbild vom herrlichen König, ...."*11
"Ludwig war nicht wie die anderen. Und er wusste es: >Ich bin einfach anders gestimmt als die Mehrheit meiner Mitmenschen<, bekannte er. Wie er auch fern der Welt sein wollte, >"die stets mich verkennt und mit der ich mich nie und nimmer befreunden kann und will<".*12 Auch der Baronin Leonrod schreibt er unter anderem folgendes: "Du verstehst mich so gut, u. dieß thun sonst so Wenige, von so Vielen ward ich u. werde ich verkannt, so daß ich natürlich immer von der Welt mich abgestoßen fühlte u. in mich selbst mich zurückzog, ..." *13 oder auch "... allein mußte ich meine Ideale in mir tragen, abgestoßen, verkannt von der niederen Außenwelt."*14
"O es ist nothwendig, sich solche Paradiese zu schaffen, solche poethischen Zufluchtsorte, wo man auf einige Zeit die schauderhafte Zeit, in der wir leben, vergessen kann.",*15 schrieb Ludwig II. in einem Brief über seine Schlossbauten an die Baronin Leonrod.
"Der König schreibt seiner "seelenverwandten" Cousine Kaiserin Elisabeth von Österreich (1837-1897): "Die Menschen sollen wissen, dass hier das Schöne entstanden ist nur um der Schönheit willen, zwecklos das Schöne, Sisi. Einen muss es doch geben im Land, der nicht nur daran denkt, was ihm nützt, was ihm Vorteile bringt - nun, wenn es niemand andrer ist, muss es eben der König sein."*16 Auf diese Weise schuf er energiegeladene Orte, welche ihm und auch der Nachwelt als Quellen der Kraft dienen. Er selbst begründete unter anderem mit diesen oder ähnlichen Erklärungen die Geburt des unsterblichen "Märchenkönigs" durch Sisi, die sogar ein Gedicht über Ludwig II. - den "Märchenkönig" - nach dessen Tod verfasste!
König Ludwig II. wollte nichts sehnlicher als den Frieden zu wahren, sein Volk durch die Kunst und deren Ideale zu beglücken und ihm deren Schönheit und Wonnen näher zu bringen! "Die rechte Lösung der socialen Frage in meinem Lande würde ich für höher halten, als wenn ich durch Waffenruhm Herr von Europa werden könnte und ich möchte nicht das Leben eines meiner Bürger für einen selbstsüchtigen Zweck zu verantworten haben!" Ich wünsche von meinem Schöpfer nicht das Glück eines Eroberers, dieses Fürstenwahnwitzes, sondern jenes Glück, daß man nach meinem Tode sage: Ludwig hat nur darnach gestrebt, seinem Volke der wahrhaft treueste Freund zu sein und es ist ihm gelungen, sein Volk zu beglücken!"*17
Um eine Vorstellung davon zu erhalten wie sich Ludwig II, das ideale Königtum - Sein Königtum - erdachte und auch real wünschte, gibt folgender, am 30. August 1869 von ihm selbst verfasste Textausschnitt über die politischen Ziele der Coalition wieder: "In einer Monarchie, wie sie sein muß, soll alles wie die Strahlen der Sonne vom Monarchen ausgehen, und auf Ihn sich zurückbeziehen. Er soll das Haupt, die Seele, mithin der eigentliche Lebensnerv des Staates sein. Er hat seine Krone von Gott und muß in seinem Handeln ganz uneingeschränkt sein. ...."*18 Auf wen sich hier Ludwig ganz bewusst und gezielt bezieht, welches Vorbild er sich ersann, steht hier wohl außer Frage. Es ist Ludwig XIV. von Frankreich, der Sonnenkönig, auf den Ludwig II. in seinen Tagebüchern und seinen Schlossbauten immer wieder Bezug nimmt.
"Welch ein liebenswürdiger König, gesegnet mit allen Gaben Gottes! Von seinen Vätern hat er die leidenschaftliche Liebe zum Schönen und Großen geerbt und eine Liebenswürdigkeit, welche sein Volk entzückt und begeistert. Von idealer Schönheit, ein offenes Herz für alles, was erhebt und ergreift, steigt er auf den Thron, angebetet von seinem Volke. Er ist der volkstümlichste König!" Nachruf von Papst Leo XIII. auf Ludwig II.*19
Ludwig II. schrieb am 4. August 1865 an Richard Wagner "... von seinem Berghause Pürschling aus einen seiner liebenswürdigsten Briefe ..." über das gemeinsam zu vollbringende Werk. Unter anderem heißt es: "... Alles wird vollbracht werden! Jedes Sehnen gestillt! Das Feuer der Begeisterung, das mich mit jeder Woche heftiger entflammt, soll nicht umsonst erglühen. Die Frucht muß reifen und gedeihen. ... Heil der Kunst! ..." Denn ohne die äußerst großzügige Unterstützung des Königs wäre manche Wagneroper wohl nie geschrieben und das Festspielhaus in Bayreuth ebenso wenig damals erbaut worden. Die Worte, die Ludwig im weiteren Verlauf wählt und die schließlich nach seinem Ableben wie zukunftsschauend, ja geradezu visionär klingen und für seine eigenen überreichen kunstvollen Schöpfungen gelten dürfen, lauten folgendermaßen:
"... Und wenn wir beide längst nicht mehr sind, wird doch unser Werk noch der späteren Nachwelt als leuchtendes Vorbild dienen, das die Jahrhunderte entzücken soll, und in Begeisterung werden die Herzen erglüh´n für die Kunst, die gottentstammte, die ewig lebende...."*20
Georg Jacob Wolf schreibt vor etwa einhundert Jahren über Ludwig II. und somit über "... die Person des königlichen Romantikers ... der mehr als irgend ein anderer Fürst des letzten Jahrhunderts von den Gedanken des Gottesgnadentums und der Unverletzlichkeit der Majestät getragen war ... Ludwig II. von Bayern war der letzte wirklich >echte<, unbürgerliche, d. h. absolutistisch denkende und majestätisch empfindende König." -
"Er war ein König - und er starb daran."*21
Der französische Dichter und Schriftsteller Paul Verlaine schrieb 1886, nur wenige Monate nach dem Tode Ludwigs II., das Gedicht "À Louis II de Bavière", das mit folgenden vortrefflichen und bedeutsamen Worten beginnt und mit denen wir hier an dieser Stelle abschließen möchten, wie folgt:
"König, einzig wahrer König dieses Jahrhunderts, seid gegrüßt, Sire, ...."*22
Lassen Sie sich von der majestätischen Person des Königs und dessen Geist der Reinheit, Tugendhaftigkeit und Herzensgüte bezaubern, inspirieren und tragen. Folgen Sie den so entstehenden Gedanken und Empfindungen, denn sie sind ein Geschenk und nur für Sie bestimmt!
Entdecken Sie den geheimnisumwobenen und leider allzu oft verkannten Monarchen, seine Schöpfungen und höchsten Ideale in diesen Facetten neu für sich und folgen Sie ihm bei einem Spaziergang durch seine Schlösser - atmen Sie mit ihm deren prachtvolle Schönheit ein!
Aus dem Gedicht (erste zwei Strophen) "Märchenkönig" der Kaiserin Elisabeth von Österreich (Sisi), welches sie kurz nach dem König König Ludwigs II. von Bayern über ihn geschrieben hat: